First Draft News


Die im Jahre 2015 gegründete Nichtregierungsorganisation First Draft News setzt sich für einen unabhängigen Qualitätsjournalismus im Internetzeitalter ein und bekämpft Falschinformationen. Besondere Aufmerksamkeit wird möglichen Desinformationskampagnen in Wahl- und Abstimmungskampagnen gegeben.

First Draft News ist global aktiv und bietet Leitfäden und Ausbildungen zur Erkennung von gefälschten Fakten in Texten, Audios, Videos und Photos an und arbeitet neben der Schweizer Demokratie Stiftung mit zahlreichen Partnern weltweit zusammen.

firstdraftnews.org


Wir haben Claire Wardle, Mitbegründerin und Geschäftsleiterin von First Draft News einige Fragen gestellt.


SDF: In diesem Herbst finden in dern Vereinigten Staaten Wahlen und Abstimmungen statt. Welches sind die grössten Herausforderungen in der Berichterstattung dazu?

CW: Es gibt ganze eine Reihe von Herausforderungen. Erstens ist die Kampagnen zur Unterdrückung von Wählern, die stattfindet - die Namen der Wählerlisten, die Entrechtung der farbigen Wähler, die Unklarheit darüber, wie die Menschen wählen können, aufgrund von Veränderungen im Zusammenhang mit Covid. Zweitens gibt es eine Flutwelle von Fehlinformationen im Zusammenhang mit der Wahl. Wir sehen bereits, wie alte Fotos wieder in Umlauf gebracht werden, um die Menschen dazu zu bringen, falsche Informationen im Zusammenhang mit der Wahl zu glauben. Drittens sind die Menschen wütend, verängstigt und polarisiert. Die Pandemie hat dazu geführt, dass das Land auf dem Weg in eine Wahl befindet, deren Resultat wahrscheinlich nicht schon in der Wahlnacht klar sein wird und ein Vakuum schaffen könnte, das mit Gerüchten, Unwahrheiten und Gewaltaufrufen vergiftet werden könnte. Eine ingesamt sehr beunruhigende Situation.

SDF: Während den letzten Präsidentschaftswahlen im Jahre 2016 spielten soziale Medienkanäle eine sehr umstrittene Rolle bei der Verbreitung von Falschmeldungen. Glauben Sie, dass wir daraus etwas gelernt haben?

CW: Ja ganz klar. Jetzt gibt es viele Neuerungen wie zum Beispiel das "Third Party Fact Checking Network" von Facebook, d.h. falsche Informationen werden als solche gekennzeichnet und etikettiert. Die verschiedenen Anbieter haben ihre Aktionen gegen automatisierte Aktivitäten und gefälschte Konten intensiviert. Twitter hat politische Werbung verboten. Auf Facebook gibt es ein Wahlinformationszentrum. Whatsapp verhindert nun die Verbreitung von Informationen an mehr als 5 Weiterleitungen. Aber das Ganze fühlt sich angesichts des Ausmassees des Problems immer noch sehr oberflächlich an.

SDF: Wie geht First Draft News mit diesen Herausforderungen um und was sind die Schlüssel, um Demokratie und Medien in Amerika demokratischer zu machen?

CW: Wir arbeiten mit Nachrichtenredaktionen auf allen politischen Ebenen zusammen und helfen ihnen, Fehlinformationen aufzuspüren und Wege zu finden, wie sie darüber in einer für das Publikum informativen Art berichten können. Wir führen Krisen-Simulationen mit Nachrichtenredaktionen durch und machen Schulungen durch. Wir haben einen SMS-Kurs für interessierte Bürgerinnen und Bürger entwickelt, so dass diese lernen, Falschinformationen als solche zu erkennen und damit umzugehen. Das Geheimnis dieser Wahl ist die Vorbereitung aller auf das, was passieren könnte. Wir bereiten die Nachrichtenredaktionen darauf vor, dass die Wahl- und Abstimmungsergebnisse nicht schon gleich nach der Schliessung der Urnenlokale bekannt gegeben werden können. Der 3. November 2020 wird zu einem Demokratietest, den die Welt so noch nicht zuvor erlebt hat.

SDF: Weshalb ist es für Ihre Organisation wichtig, dass sie von Demokratieförderstiftung wie der Schweizer Demokratie Stiftung unterstützt wird?

CW: Ich leite unsere US-Operationen, aber wir haben ein globales Team mit Sitz in London, das Journalisten und Organisationen auf der ganzen Welt hilft, die auch mit den sehr schwerwiegenden Auswirkungen der Desinformation zu kämpfen haben. Wir haben Fehlinformationen bei Wahlen beobachtet, unter anderem in Brasilien, Frankreich und Nigeria. Diese Arbeit ist so wichtig, weil wir daraus Lehren ziehen, die auf der ganzen Welt anwendbar sind. Für diese wichtige Arbeit sind wir auf Unterstützerinnen und Unterstützer aus der ganzen Welt wie Ihre Stiftung angewiesen.